Schulgeschichte 1996: Unterschied zwischen den Versionen

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== Schulische Vorgeschichte ==
 
== Schulische Vorgeschichte ==
  
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Aufstockung des Schulhauses 1903
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Da die Schülerzahl fortwährend zunahm, musste für eine 3. Lehrkraft gesorgt werden. Dies erforderte 1903 auch die Erhöhung des Schulhauses um ein Stockwerk. Dort wurden 2 Schulsäulen eingerichtet. Pläne und Kostenvoranschlag wurden von Herrn Distrikt-Techniker Thaller in Wasserburg gefertigt. Die Kosten sind nachfolgend verzeichnet:
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Maurerarbeiten RM. 4.375
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Zimmermannsarbeiten RM. 2.464
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Schreinerarbeiten RM. 746
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Schlosserarbeiten RM. 546
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Spenglerarbeiten RM. 337
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Anstreicherarbeiten RM. 153
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Glaserarbeiten RM. 224
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Hafnerarbeiten RM. 500
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Summe: RM. 9.345
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Hinzu kam noch die Neubeschaffung von Schulbänken, Kästen, einer Zimmereinrichtung für die Schulverweserin. Nachdem die Kgl. Regierung die Pläne genehmigt hatte, wurde sofort mit dem Bau begonnen. Der Aufbau ging ohne Unfall vonstatten und war im Oktober 1903 beendet.
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Der Unterricht beschränkte sich damals, wie die Schülerbogen des Geburtsjahres 1898 ausweisen (sie sind noch vollzählig in der Schule vorhanden), auf die unbedingt notwendigen Kulturtechniken. Wenn man die Deutschleistungen Lesen, Rechtschreiben, Aufsatz und Schönschreiben zusammenfasst, wie dies heute geschieht, wurden außer Deutsch nur Rechnen, Geschichte bzw. Erdkunde, Fleiß, Betragen und Religion benotet. Es gab 4 Notenstufen und 3 Zwischennoten (Siehe Abdruck eines Notenbogens von 1916 auf nächster Seite).
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Ab 1901 ist die amtliche Bezeichnung der Schule „Schule Kircheiselfing“.
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Hauptlehrer Josef Karg in Großkarolinenfeld wurde am 1. Februar 1912 der Schul-, Mesner-, Kantor- und Organistendienst übertragen. Sein Wirken stand unter dem Zeichen des Krieges, dessen Begleiterscheinungen und Nachwirkungen, der Hungerblockade, der Revolution und der Inflation. Die durch den Krieg bedingten Aushilfen, besonders in den Unter- und Mittelklassen und vielen Schulversäumnisse wegen Kinderarbeit (1916 wurde im Juni überhaupt nicht, im Juli nur 8 Tage unterrichtet) erschwerte die Schularbeit ungemein. Dazu waren in der Oberklasse zeitweise an die 100 Kinder.
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Am Ende des Krieges beherrschten nach Aufzeichnungen von Hauptlehrer Karg viele Schüler der fünften Klasse nicht einmal den Stoff der ersten Klasse. Dazu kam für ihn eine persönliche Sorge, seine 12-köpfige Familie in den Hungerjahren sattzukriegen. Den Tod seiner ersten Frau und seines zehnten Kindes schreibt er der Unterernährung im Kriege zu. Klage führt Herr Karg darüber, dass er, obwohl er immer kränkelnd, selbst im Religionsunterricht anwesend sein musste, um den jungen Kooperator in der Einhaltung der Disziplin zu unterstützen, während der Hilfslehrer dem altersschwachen Pfarrer im Religionsunterricht halt. Diese geistlichen Herren aber waren die Schulaufsicht und zogen dem Not leidenden Hauptlehrer einen Teil seines Entgeltes für den Chordienst ab. Statt 27,08 RM jährlich, wie vorgeschrieben, erhielt er fünf Jahre nur 10 RM jährlich. Sechs Jahre musste Hauptlehrer Karg um 85,40 RM streiten, bis das Bezirksamt Wasserburg positiv für ihn entschied. Wen wundert es da, dass Hauptlehrer Karg die Abschaffung der geistlichen Schulaufsicht so freudig begrüßte!
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Am 1.Januar 1919 verfügte Kultusminister Hofmann die Aufhebung der geistlichen Schulaufsicht: Durch die Wahl der Kollegen des Bezirkes Wasserburg wurde der Bezirksoberlehrer Max Stoll zum Bezirksschulrat für Wasserburg ernannt.
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Bezeichnend für die Preislage in der Inflation ist ein Eintrag von Hauptlehrer Karg in die Schulchronik am 28. August 1923:
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Preise für:
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1 Ei 10 000 RM, 1 Liter Milch 115.500 RM, 1 Pfund Butter 800.000 RM
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Am 1. November 1923 wird die Bewerberin Therese Schöttl als Hilfslehrerin hierher berufen. Sie erhält als Grundvergütung monatlich 636.000 RM, dazu stets wechselnden Teuerungszuzahlungen. Da der Geldwert durch die Inflation von einem Tag zum anderen sinkt, werden im November und Dezember die Gehälter wöchentlich ausgezahlt. In einer Woche wurden zweimal Teuerungszulagen dazugeschlagen. Mitte Dezember erfolgte die Auszahlung zum Teil in Dollars und teilweise in Rentenmark (1 Billion Papiermark = 1 Rentenmark). Erst im Januar 1924 wurde das Gehalt in fester Währung (Rentenmark) ausgezahlt.
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Großen Ärger und viel Arbeit bedeutete für Hauptlehrer Karg die Gemeindeschreiberei. Er berichtet:
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Von den Bauern trieben viele einen schändlichen Nahrungsmittelwucher und wurden Kriegsgewinnler. Es gibt Bauern im Schulbezirk, die ein ganzes Jahr Familienunterstützung (monatl. 100 RM und mehr) erhielten und dabei aber doch das ganze Jahr in „Urlaub“ daheim waren und bei ihren Feldarbeiten Militärgewand und Militärschuhe abnützen. Reiche Bäuerinnen und ledige reiche Bauerstöchter erhielten bei Niederkunft Wochenhilfe und Stillgeld. Wollte ich meine zehn Kinder, sowohl die kleinen als auch die großen beim Militärdienst nicht verhungern lassen, musste ich schweigen bei allen schauderhaften Zuständen, musste der Gemeindeschreiberei lügen, grenzenlos lügen, besonders bei „Urlaubs“gesuchen und Hinterbliebenen“versorgung“.
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Am 1. November 1925 wurde der Hauptlehrer Karg auf Ansuchen in den dauernden Ruhestand versetzt. Den Chordienst versah er noch bis zum 1. Januar 1926. Kurze Zeit darauf übersiedelte er mit seiner Familie nach Wasserburg am Inn.
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Die Schulleitung wurde vorübergehend Herrn Lehrer Hierstetter übertragen.
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Am 16. Dezember 1925, wird Herr Edmund Kohn, Lehrer in Marienstein, Bezirksamt Miesbach, unter Übertragung der Schulleitung an die Schule Kircheiselfing versetzt. Am 1. Januar 1926 wird er zum Hauptlehrer, befördert.
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Die Schule wurde bis zum Schuljahr 1939/40 dreiklassig geführt, wobei Herr Hauptlehrer Kohn jeweils die starke Oberklasse unterrichtete, in der 5., 6. und 7. Schülerjahrgänge zusammengefasst waren. Die Unterklasse umfasste die Schülerjahrgänge 1. und 2. und wurde von verschiedenen Lehrkräften betreut, ebenso die Mittelklasse, die von den Schülerjahrgängen 3. und 4. gebildet wurden.
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Die Schülerzahlen waren auch schon in den Friedensjahren vom Schuljahr 1926/27 bis zum Schuljahr 1938/39 sehr hoch. In der Unterklasse betrugen sie im Durchschnitt 51, in der Mittelklasse 44 und in der Oberklasse 61 Schüler. Ab Schuljahr 1939/40 erhielt die Schule vorübergehend 4 Klassen, da ein 8. Schülerjahrgang eingeführt wurde. Aber bereits im Schuljahr 1940/41 wurde die Schule wieder 3-klassig, da Lehrer Schmuck zur Wehrmacht eingezogen wurde. Der 8. Schülerjahrgang ging in „Urlaub“. Während der Osterferien 1939 wurde ein neuer Schulsaal erstellt und vom Schulleiter (6., 7. und 8. Schjg...) bezogen.
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Im Schuljahr 1941/42 gab es folgende Schülerzahlen: Unterklasse 57, Mittelklasse 78 und Oberklasse 64. Dazu kamen noch 15 beurlaubte Kinder des 8. Schjg. Das ergibt mit den beurlaubten Schülern 214. In diesen Schülerzahlen sind 23 Schülerinnen und Schüler enthalten, die hier gastweise verweilte (erweiterte Kinderlandverschickung). Während im Schuljahr 1942/43 noch eine normale Schülerzahlentwicklung festzustellen ist (Unterkl. 68, Mittelkl. 63 und Oberkl. 66 Schüler – mit beurlaubtem 8. Schjg. 83 gibt insg. 214 Schüler), kann man ab Schuljahr 1943/44 nur mehr von einer abnormen Steigerung sprechen. Diese wurde durch die feindlichen Luftangriffe auf deutsche Städte verursacht. Die Kinder ausgebombter Familien wurden auf die von Bomben verschonten Gegenden, z. B. auf die ländlichen Gebiete von Oberbayern, aufgeteilt.
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Am 1. September 1943 besuchten daher unsere Schule 56 Kinder aus Recklinghausen und 14 aus München. Es ergaben sich insgesamt folgende Schülerzahlen:
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Unterklasse = 100 (Wechselunterricht)
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Mittelklasse = 125 (Wechselunterricht)
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Oberklasse = 89 (Normalunterricht)
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ganze Schule = 314 Schüler
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3 Lehrkräfte mussten den ganzen Unterricht bewältigen:
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Edmund Kohn, Oberlehrer
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Franziska Heigl, Lehrerin
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Anna Hirschmann, Schulhelferin
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Wechsel- oder Schichtunterricht bedeutet, dass eine Klasse in 2 Hälften aufgeteilt wird, wovon die Hälfte vormittags, der andere Teil nachmittags von der gleichen Lehrkraft unterrichtet wird. Eine Vorbereitungszeit für den Unterricht war nicht vorgesehen.
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Nach heutigen Maßstäben bleiben auch die aufgeteilten Klassen noch Mammutsklassen. Was diese Lehrkräfte geleistet haben, bedarf großer Bewunderung.
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Das Schuljahr 1944/45 aber waren wieder 4 Lehrkräfte in Kricheiselfing. Neben Edmund Kohn und Franziska Heigl erteilten noch Erna Grünschneder und Margarete Forstner Unterricht.
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Am 11. Dezember 1944 wurden 17 Knaben und 4 Mädchen des 8. Schjg. Vorzeitig aus der Volksschule entlassen.
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Höhepunkte während der Dienstzeit des Hauptlehrers Edmund Kohn.
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Ein Ereignis, an dem auch die Schule lebhaften Anteil nahm, war das 1000-jährige Jubiläum unseres Gotteshauses St. Reupertus in Eiselfing. Die große Vergangenheit unserer Heimat ist so recht verkörpert, hat gleichsam ein weithin sichtbares Denkmal in unserer schönen, nun seit 1926 wieder renovierten Pfarrkirche. Ein Triduum wurde zur Erinnerung an das 1000-jährige Bestehen der Eiselfinger Glaubensstätte am 30. und 31. Oktober und am 1. November 1927 festlich begangen.
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Anlässlich der Primiz unseres Heimatpriesters, des späteren Chefredakteurs der Münchner Kirchenzeitung, H. H. Lorenz Freiberger, Erpertsham, wurde in der Zeit vom 16. bis 30. Juni 1928 das Schulhaus nach Angaben des Kunstmalers Herrn Joh. Mich. Schmitt aus München renoviert. An der Straßenseite des Schulhauses wurden zwei Fresken angebracht, „Jesus, der göttliche Kinderfreund“ und das bayrische Wappen. Ausgeführt wurden dieselben von dem oben genannten Kunstmaler Herrn Joh. Mich. Schmitt, der 1926 auch die Renovierung unserer Pfarrkirche vorgenommen hatte.
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Die Verlassung zu diesem Schmuck gab der damalige Bürgermeister Herr Georg Maier, Schneidermeister in Eiselfing. Die Arbeiten konnten gerade noch bis zur Primiz am 1. Juli 1928 fertig gestellt werden.
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Foto 2
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Schulhaus nach der Renovierung 1928
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Am Sonntag, dem 21. Dezember 1930 veranstaltete die Schul- und Pfarrgemeinde zu Ehren des Hauptlehrers Edmund Kohn anlässlich seines 25-jährigen Dienstjubiläums eine Familienfeier, die einen sehr schönen Verlauf nahm.
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Hauptlehrer Edmund Kohn ist geboren am 24. Juni 1886 zu Traunstein. Er besuchte die Präparandenschule in Landsberg am Lech und absolvierte das Lehrerseminar Freising im Jahre 1905. Er war als Hilfslehrer tätig in Bruckberg, Bez.-Amt Freising, in Kirchdorf bei Haag und in Partenkirchen. Dort wurde er im Jahre 1909 um Schulverweser befördert und im Jahre 1910 nach Seeshaupt am Starnberger See versetzt. Am 16. November des Jahres 1911 wurde er als Lehrer an die neu errichtete Schule Marienstein, Gemeinde Waakirchen, Bez.-Amt Miesbach, berufen, wo er zu seiner Versetzung nach Kircheiselfing am 16. Dezember 1925 verblieb.
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Belegung von Schulsälen 1945
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Am 13. April 1945 treffen 40 Frauen mit Kindern (Flüchtlinge) aus Wien ein. Sie werden im Schulzimmer im ersten Stock links untergebracht. Strohsäcke, Bettstellen und Decken werden auf raschestem Weg herangeschafft, ebenso Stroh. Die meisten dieser Frauen befinden sich in gesegneten Umständen. Schon in kurzer Zeit gelingt es dem Bürgermeister durch das bereitwillige Entgegenkommen der Bevölkerung, diese Frauen in Privatquartieren unterzubringen.
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Am 20. April 1945 trifft noch abends ein neuer Flüchtlingstransport aus der Slowakei ein. Diese armen Menschen werden im Schulhaus im gleichen Saal wie die früheren Flüchtlinge untergebracht, ferner K.L.V.-Lager*) beim Sanftl und im Nebenzimmer beim Höhensteiger. Ihre Heimat ist ein Ort am Fuße der „Hohen Tatra“. Es ist ein K.L.V.-Lager, bestehend aus Knaben und Mädchen und einem Lehrer mit seiner Familie.
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Am 27. April 1945 trifft eine Sanitätskompanie ein und beschlagnahmt die 3 übrigen Schulsäle für Quartiere. Die Schule wird geschlossen. Schon am nächsten Tag wird diese Kompanie plötzlich durch Alarm abgerufen, weiter nach Süden (Aschau). Alles befindet sich auf dem Rückzug. Die Amerikaner kommen immer näher. Von jetzt ab ist ein ständiges Kommen und Gehen. Das Schulhaus ist immer mit Truppen belegt, im Schulgarten stehen Fahrzeuge aller Art, Pferde usw. Tag und Nacht ist keine Ruhe! Die Soldaten lassen alles Entbehrliche zurück. Da liegen Kleidungsstücke, Wäsche, Werkzeuge, Fahrzeuge, Waffen, Ausrüstungsgegenstände usw. überall herum. Alles befindet sich in Auflösung! Im Wohnzimmer meiner Dienstwohnung wurde rasch noch eine Schreibstube eingerichtet. Hier wurde eine Kompanie Landesschützen aus dem Heere entlassen. Die Soldaten suchten Zivilkleider zum Fußmarsch in die Heimat (Pfalz, Saarland, Hessen usw.)
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Vom 11. Juni mit 23. Juli 1945 waren durchziehende amerikanische Truppen im Schulhaus und beim Sanftl einquartiert, im Schulhaus 105 Mann und beim Sanftl 60 Mann. Das ganze Schulhaus musste innerhalb von 2 Stunden geräumt werden. Von da an ruhte der Unterricht bis September 1945.
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Ende des Krieges
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Am 3. September 1945 wurde Herr Hauptlehrer Kohn, am 5. September 1945 Lehrerin Heigl wegen Parteizugehörigkeit vom Dienst enthoben (siehe Urkunde auf nächster Seite).
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*) K.L.V.-Lager ist vermutlich „Kinder-Landverschickungslager“
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                  ''Manuel Egger''

Version vom 22. November 2007, 07:50 Uhr

Schulische Vorgeschichte

Die Entwicklung der Volksschulen begann eigentlich schon zur Regierungszeit Karls des Großen (768 – 814). Während bis dahin nur Kathedral- und Klosterschulen bestanden, die dem Adel und dem Klerus vorbehalten blieben, verpflichtete Karl der Große die Pfarrgeistlichen in den Kapitularien von 787 und 789, die Knaben ihres Kirchensprengels im Lesen und Singen zu unterrichten. Sendgrafen des Kaisers überprüfen die Durchführung des Unterrichts und den Schulbesuch. Oft musste der Schulbesuch durch Fasten oder Züchtigungen erzwungen werden. Das zeigt, dass noch kein besonders Bedürfnis der breiten Bevölkerung nach Bildung vorhanden war.

Als unter den nachfolgenden Kaisern, die weniger Wert auf die Bildung des Volkes legten, die Kontrollen gelockert wurden oder ganz aufhörten, erstickten die Anfänge der „Volksschulen“ schon im Keim. Es fehlte an Schulräume, Heizmaterial und auch für den Unterhalt des Lehrers sollte gesorgt werden. Da kein besonders Interesse für die Schulbildung aufgebracht wurde, konnte auch nicht erwartet werden, dass die bestehenden Schwierigkeiten durch Opferbereitschaft gemeistert würden. Da half wenig, dass auch Papst Eugen II. 826 seinerseits in einem Konzil die Bischöfe aufrief, Lehrer für die ihnen unterstellten Pfarreien zu bestellen, die Unterricht im Lesen, in den freien Künsten und in den Heilswahrheiten erteilen sollten. Diese „Pfarrschule“ standen in den meisten Fällen nur auf dem Papier.

Erst nach den Kreuzzügen (1096 – 1270), als Handel und Gewerbe einen ungeahnten Aufschwung erlebten, spürte allmählich der Bürgerstand in den Städten die Notwendigkeit, lesen, schreiben und rechnen zu können. Dieses Verlangen nach Schulung und Bildung hatte bald die Grünung von sog. „Stadtschulen“ zur Folge. In Wasserburg z. B. sorgte 1404 der Pfleger Spielberger für eine straff geführte Schule.

Die Pfarrschule der Umgebung von Wasserburg aber führten damals immer noch einen Dornröschenschlag, obwohl sich auch auf dem Lande allmählich ein Bildungsstreben bemerkbar machte. Bis 1740 aber gab es in unserer Pfarrei nur sog. „Winkelschulen“. Es ist schwer, diese heute genau zeitlich einzuordnen. Der Kramer von Aham, Georg Weinberger, hielt Schule für die Ahamer Kinder, eine alte Moosfischertochter für die Kinder aus der Gegend von Eiselfing. Als Lohn erhielten beide in der Woche einen Groschen und ein Scheit Holz. Ein Knecht beim Lohhuber zu Alteiselfing, Georg Weidinger, hielt Schule an den Feiertagen. Ein Wasserburger, Blindauer, hielt Schule an Sonn- und Feiertagen am äußeren Bräuwinkel-Keller für die Kinder aus Bachmehring und Umgebung. Die Mädchen von Kerschdorf, Freiham und Hausmehring besuchten die Schule der Klosterfrauen zu Altenhohenau. Diese Zöglinge waren wegen des regelmäßigen Unterrichts wohl die gelehrtesten.

Die Knaben dieser Ortschafen stiegen hinunter zum Klausner in der Au, hart am Einflusse des Laimbaches in den Inn. Seine Zelle mit einem kleinen Kirchlein stand auf einem riesigen, feinkörnigen Nagelfluhfelsen, dem sog. Thür- oder Thürnstein. Wie schon früher ein Jagdschlößchen der Grafen von Laiming an dieser Stelle, so wurde auch die Klause unseres Eremiten von den Hochwassern des Innflusses verschlungen. Der Klausner unterrichtete die Buben nicht nur im Lesen und Schreiben, sondern auch im Obstbau. Er stand auch den Erwachsenen mit Rat und Tat zur Seite und wusste mit allerlei Mitteln Menschen und Tier zu helfen.

1740 erhielt das Kloster Attl für die Einverleibung der Pfarrei Eiselfing die Auflage, einen Schullehrer zu unterhalten, ihn mit freier Wohnung, Holz, Kost, Licht und anderem zu versorgen. Dass es nur beim Auftrag blieb, zeigt die erneute Anordnung zur Errichtung einer Schule durch das Pflegegericht Kling im Jahre1771. Der damalige Pfarrvikar Pater Cölestein Meier bat das Pflegegericht, von einer solchen Anordnung abzusehen, weil dafür kein Geld vorhanden sei. Außerdem sei in Eiselfing wegen der Nähe Wasserburgs auch keine Schule nötig. Wer seine Kinder unterrichten lassen wolle, könne sie nach Wasserburg schicken.

Erste Schule in Behelfsräumen 1773 Unter Kurfürst Maximilian III. Josef wurde 1771 erstmals der allgemeine Schulzwang ausgesprochen, erst 1802 aber in der Regierungszeit des Königs Maximilian I. Josef streng durchgeführt. Unter dem Eindruck des allgemeinen Schulzwangs aber wurde Eiselfing bereits im Jahre 1773 eine Pfarrschule errichtet. Der Schullehrer hatte bis 1809 im Pfarrhof Wohnung und Kost. Als Schulhaus diente eine hölzernes Häuschen hinter dem neuen, im Jahre 1885 erbeuten Pfarrhof. Es war nach der Beschreibung durch Lehrer Lorenz Eisel ein Nebengebäude des Pfarrhofes, das als Wasch- und Backhaus verwendet wurde. Das Waschhaus war ebenerdig. Das Schulzimmer und die Lehrerwohnung lagen im ersten Stock. Zu verdanken war die Gründung der Schule dem Kloster Attl und damit dem damaligen Pfarrvikar Pater Florian Scheyerl.

Die Namen der ersten Schullehrer in Eiselfing (vermutlich von 1773 – 1804): 1. Franz Val. Radlhofer, nachmals Lehrer in Vogtareuth 2. N. Alexander, nachmals Lehrer in Endorf 3. N. Staller, später Organist in Wasserburg 4. Max Wöstermayer, um 1786 Lehrer in Wasserburg 5. Jakob Wimmer, später Chorregant in Kraiburg 6. Sebastian Kirchbichler, später Lehrer in Obing 7. Peter Held, nachmals Lehrer in Emering

Die Reihenfoge und die Zeit ihres Wirkens ist nicht mehr feststellbar.

Im Jahre 1804 wurde der ledige, 19 Jahre alte Mesnerssohn Engelbert Reitter von Ebersberg zum Schullehrer in Eiselfing ernannt. An barem Geld bezog er wöchentlich von jedem Kinde 2 kr. Schulgeld. Naturalien wurden nicht gereicht. Für das „Schlagen der Orgel“ erhielt er von jedem Lob- und Seelenamt 15 kr. Der Schullehrer wurde im Pfarrhofe, wo er auch wohnte, vollständig verpflegt. Er erhielt täglich, bei anständiger Kost, 1 Maß Bier, außerdem noch unentgeltlich Holz, Wäsche, Licht usw. Der Lehrer durfte nicht heiraten, da nicht auch noch die Frau vom Pfarrer versorgt werden konnte.

Schulkinder gab es 102, wegen des schlechten Schullokals kamen aber meistens nur 30 – 40 zum Unterricht.

Der Lehrer Engelbert Reitter wurde von Pfarrer Roman Egger hervorragend beurteilt. 1805 richtete der Pfarrer von Eiselfing an das Kurfürstliche Schul- und Studienbüro eine Eingabe, in welcher er bedauert, dass der Schullehrer von der Pfarrei nicht mehr unterhalten werden könne und deshalb entlassen werden müsse. Gleichzeitig bat er um ein Jahresgehalt von 200 oder doch150 fl., bis der Eiselfinger Mesnerssohn Lorenz Eisel befähigt sei würde, das Mesneramt seines Vaters und die Schule zu übernehmen. Dann hätte die Schule festen Bestand, da Eisel auch im Besitz eines Bauernanwesens (des jetzigen Huberanwesens) sei. Bis zu seiner Versetzung nach Grafing 1808 erhielt dann Lehrer Reitter eine monatliche Unterstützung von 10 fl. gnädigst bewilligt.

Das zweite Schulhaus 1814 Im Jahre 1810 war das alte Schulhaus (Waschhaus) so baufällig geworden, dass Pfarrer Egger ein Gesuch an das Kgl. Generalkommissariat richtete, eine neue Schule zu bauen. Am 14. Mai 1812 wurde ihm der Ausbau des Pfarrgetreidekastens zu einer Schule angeboten mit einer Unterstützung von 270 fl. aus dem Staatsärar. Aber erst1813 wurde das Schullokal in das untere Stockwerk des Getreidekastens eingebaut. Bis zur Fertigstellung des Schullokals im Jahre 1814 wurde die Wagenremise des Pfarrers als Unterrichtsraum verwendet. Nach Verlauf von 15 Jahren wurde von Pfarrer Plazidus Vögele die Schule in das erste Stockwerk verlegt. Die Gemeinde musste für den Umbau 700 fl. zahlen.

48 Jahre wirkte nach der Versetzung von Lehrer Reitter Lorenz Eisel als Lehrer in Eiselfing. 1857 wurde sein Sohn Benedikt Eisel definitiver Lehrer in Eiselfing, nachdem er schon 17 Jahre den Schuldienst aushilfsweise versehen hatte. Er war 41 (bzw. 24) Jahre Lehrer, Kantor, Organist und Mesner.


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Das dritte oder das richtige Schulhaus 1875 1875, als im Getreidekasten längst nicht mehr genügend Raum für die große Schülerzahl war, drang die Kgl. Regierung auf Herstellung eines 2. Schullokals und Anstellung eines Hilfslehrers. Man müsse auch für eine Lehrerwohnung sorgen, da Benedikt Eisel bald in den Ruhestand trete und der habe ja in seinem eigenen Haus gewohnt. Es blieb nur der Ausweg, ein neues Schulhaus mit Lehrerwohnung zu bauen. Ein Baugrund von 42 Dezimal wurde von Herrn Seb. Pitzer, dem Besitzer der Praschlmühle in Aham und des Wirtschaftsanwesens Bleicher in Eiselfing, erworben. Der Kostenanschlag für das 1875 erbaute Schulhaus lautete auf 21130 RM 29 Pf. Die tatsächlichen Kosten beliefen sich auf 38000 RM. Für die Ausgaben zum Schulhaus wurde vom Kgl. Bezirksamt Wasserburg eine Kaution verlangt. Lehrer Benedikt Eisel ließ sich dazu überreden, unentgeltlich sein schuldenfreies Anwesen als Kaution anzubieten. Nach Fertigstellung des Schulhauses wurde in Eiselfing eine Hilfslehrerstelle eingerichtet und mit Johann Randler besetzt. Am 1. April 1881 hielt der von Etting, Bezirksamt Ingolstadt, hierher versetzte Schullehrer Franz Anton Geist das erstemal in Eiselfing Schule.


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Oberlehrer Franz Anton Geist 1881 – 1912 Anton Geist war als Sohn des Lehrers Sigismund Geist am 15. November 1845 in Faimingen bei Lauingen geboren. Sein Großvater war ebenfalls Lehrer.

In seinen jungen Jahren unternahm Franz Anton Geist mehrere Reisen, größtenteils zu Fuß, durch Tirol, Schweiz und Italien. 48 Jahre seines Lebens waren der Erziehung und Bildung der Jugend gewidmet, davon mehr als 30 Jahre auf seinem ihm so lieb gewordenen Wirkungsort Eiselfing.

Am 23. Juni 1901 wurde ihm von den zum Schulsprengel gehörenden Gemeinden Aham, Bachmehring und Freiham das Ehrenbürgerrecht verliehen. Die schöne Pergament-Urkunde war von dem Wasserburger Kunstmaler August Geigenberger angefertigt worden.

Am 1. Januar 1903 wurde Anton Geist von Sr. Königlichen Hoheit, dem Prinzregenten Luitpold, des Königsreichs Bayern Verwesen, mit dem Titel „Oberlehrer“ ausgezeichnet. Am 1. Februar 1912 trat er in den Ruhestand. Er übersiedelte dann nach Palling zu seinem Schwiegersohn, dem dort wirkenden Oberlehrer Josef Maier, der von 1889 bis 1893 als Hilfslehrer in Eiselfing tätig war. Am 2. Juli 1920 starb er und fand in Palling die letzte Ruhestätte. Seinem Wunsche entsprechend zierte ein kunstvoll geschmiedetes Eisenkreuz dessen Grabhügel.

Oberlehrer Geists Wirken ist heute noch in dankbarer Erinnerung lebendig. Er war ein ungemein pflichtgetreuer, von Berufsidealismus erfüllter Schulmann, ausgestattet mit lebhafter Phantasie, seltener Geistesfrische und begierigem Forschertrieb, der seine Wurzeln in der tiefen Liebe zur Heimat nährte.

In seinem letzten Wirkungsort leistete er eine außerordentliche Fülle von Arbeit. Zu der stets durch hohe Schülerzahl erschwerten Schularbeit hatte er noch 3 Gemeindeschreibereien (Aham, Freiham und Bachmehring) sowie den Kantor-, Organisten- und Mesnerdienst im Nebenamt zu versehen. Große Verdienste erwarb er sich um Obstbau und Bienenzucht. Er unterhielt selber eine Baumschule. Die Schulkinder wurden dort in der Zucht und Pflege der Obstbäume unterwiesen, und sie erhielten bei ihrem Schulaustritt ein Bäumchen zum Andenken. Anton Geist war auch ein großer Liebhaber von Zier- und Nutzsträuchern. Die Birkenalleen an den Fußwegen nach Kerschdorf und Freiham verdanken ebenfalls der Natur- und Heimatliebe Geists ihr Vorhandensein. Anlässlich der Eröffnung der Kirchenwege nach Kerschdorf und Freiham wurde am 7. Juli 1891 im Spielberger Wäldchen in Waldfest abgehalten. Das Spielberger Wäldchen und der Kerschdorfer Kirchenweg sind seit der sog. Flurbereinigung nicht mehr vorhanden.

Neben all der Fülle von Arbeit fand Oberlehrer Geist noch Zeit zu wissenschaftlicher Betätigung auf dem Gebiete der Heimat- und Altertumsforschung und verschaffte sich dabei viel Ansehen. Er war Mitglied des historischen, prähistorischen und ehemaligen Museumsvereins in München, dem er mehrere seiner interessanten Funden übergab und mit dessen Verwaltung er in lebhaftem Schriftverkehr stand. So schenkte er dorthin eine äußerst seltene, etwa 12 – 13 Zentner schwere Steinplatte, einen sog. „Freistein“ des Patrimonialgerichts der Freiherrn von Perfall. IN seinem Besitz befand sich auch unter vielen anderen wertvollen Funden das alte Richtbeil des Pflegegerichts Kling.

Seine zahlreichen Ausgrabungen, Bronze- und Gräberfunde und dgl. lieferten viele wertvolle Beiträge dem „Kgl. Bayer. Konservatorium der anthropologischen-prähistorischen Sammlung des Staates“, wie aus vielen Schreiben des Vorsitzenden der akademischen Kommission zur Erforschung der Urgeschichte Bayerns, des Herrn Professors Dr. J. Ranke, sich entnehmen lässt.

Im Jahre 1901 entdeckte Geist im Garten des Bauern Joh. Bapt. Meltl in Berg eine bajuwarische Begräbnisstätte, bei der es sich um ein Reihengräberfeld, ein Grabfeld aus der Zeit des Einzuges der Bajuwaren in unser Gebiet handelt. Aus einem Schreiben des Kgl. Generalkonservatoriums der Kunstdenkmale und Altertümer Bayerns vom 29.10.1911 ist die Entdeckung eines „Pfahlbaues“ im sog. Schwarzen Moos bei Eiselfing durch Oberlehrer Geist ersichtlich. Hier alle die vielen und wertvollen Funde und Entdeckungen Geists aufzuführen, kann nicht Aufgabe vorliegender Arbeit sein.

Geist verfasste auch mehrere Schriften, insbesondere die Chroniken seiner Wirkungsorte Etting und Eiselfing. Seine noch vorhandenen Aufzeichnungen verdanken wir die Möglichkeit, etwas von den Anfängen der Schule Eiselfing zu erfahren.

Erwähnt sei schließlich die stets Hilfsbereitschaft Oberlehrer Geist für seine leidenden Mitmenschen, denen er durch Ratschläge, allerlei Heilmittel und nicht selten durch aufopfernde Pflege die erst Hilfe, Linderung, Trost und Heilung zuteil werden ließ.

              Katharina Schuster

Aufstockung des Schulhauses 1903


Da die Schülerzahl fortwährend zunahm, musste für eine 3. Lehrkraft gesorgt werden. Dies erforderte 1903 auch die Erhöhung des Schulhauses um ein Stockwerk. Dort wurden 2 Schulsäulen eingerichtet. Pläne und Kostenvoranschlag wurden von Herrn Distrikt-Techniker Thaller in Wasserburg gefertigt. Die Kosten sind nachfolgend verzeichnet:

Maurerarbeiten RM. 4.375 Zimmermannsarbeiten RM. 2.464 Schreinerarbeiten RM. 746 Schlosserarbeiten RM. 546 Spenglerarbeiten RM. 337 Anstreicherarbeiten RM. 153 Glaserarbeiten RM. 224 Hafnerarbeiten RM. 500

Summe: RM. 9.345

Hinzu kam noch die Neubeschaffung von Schulbänken, Kästen, einer Zimmereinrichtung für die Schulverweserin. Nachdem die Kgl. Regierung die Pläne genehmigt hatte, wurde sofort mit dem Bau begonnen. Der Aufbau ging ohne Unfall vonstatten und war im Oktober 1903 beendet.

Der Unterricht beschränkte sich damals, wie die Schülerbogen des Geburtsjahres 1898 ausweisen (sie sind noch vollzählig in der Schule vorhanden), auf die unbedingt notwendigen Kulturtechniken. Wenn man die Deutschleistungen Lesen, Rechtschreiben, Aufsatz und Schönschreiben zusammenfasst, wie dies heute geschieht, wurden außer Deutsch nur Rechnen, Geschichte bzw. Erdkunde, Fleiß, Betragen und Religion benotet. Es gab 4 Notenstufen und 3 Zwischennoten (Siehe Abdruck eines Notenbogens von 1916 auf nächster Seite).

Ab 1901 ist die amtliche Bezeichnung der Schule „Schule Kircheiselfing“.

Hauptlehrer Josef Karg in Großkarolinenfeld wurde am 1. Februar 1912 der Schul-, Mesner-, Kantor- und Organistendienst übertragen. Sein Wirken stand unter dem Zeichen des Krieges, dessen Begleiterscheinungen und Nachwirkungen, der Hungerblockade, der Revolution und der Inflation. Die durch den Krieg bedingten Aushilfen, besonders in den Unter- und Mittelklassen und vielen Schulversäumnisse wegen Kinderarbeit (1916 wurde im Juni überhaupt nicht, im Juli nur 8 Tage unterrichtet) erschwerte die Schularbeit ungemein. Dazu waren in der Oberklasse zeitweise an die 100 Kinder. Am Ende des Krieges beherrschten nach Aufzeichnungen von Hauptlehrer Karg viele Schüler der fünften Klasse nicht einmal den Stoff der ersten Klasse. Dazu kam für ihn eine persönliche Sorge, seine 12-köpfige Familie in den Hungerjahren sattzukriegen. Den Tod seiner ersten Frau und seines zehnten Kindes schreibt er der Unterernährung im Kriege zu. Klage führt Herr Karg darüber, dass er, obwohl er immer kränkelnd, selbst im Religionsunterricht anwesend sein musste, um den jungen Kooperator in der Einhaltung der Disziplin zu unterstützen, während der Hilfslehrer dem altersschwachen Pfarrer im Religionsunterricht halt. Diese geistlichen Herren aber waren die Schulaufsicht und zogen dem Not leidenden Hauptlehrer einen Teil seines Entgeltes für den Chordienst ab. Statt 27,08 RM jährlich, wie vorgeschrieben, erhielt er fünf Jahre nur 10 RM jährlich. Sechs Jahre musste Hauptlehrer Karg um 85,40 RM streiten, bis das Bezirksamt Wasserburg positiv für ihn entschied. Wen wundert es da, dass Hauptlehrer Karg die Abschaffung der geistlichen Schulaufsicht so freudig begrüßte!

Am 1.Januar 1919 verfügte Kultusminister Hofmann die Aufhebung der geistlichen Schulaufsicht: Durch die Wahl der Kollegen des Bezirkes Wasserburg wurde der Bezirksoberlehrer Max Stoll zum Bezirksschulrat für Wasserburg ernannt.

Bezeichnend für die Preislage in der Inflation ist ein Eintrag von Hauptlehrer Karg in die Schulchronik am 28. August 1923:

Preise für: 1 Ei 10 000 RM, 1 Liter Milch 115.500 RM, 1 Pfund Butter 800.000 RM

Am 1. November 1923 wird die Bewerberin Therese Schöttl als Hilfslehrerin hierher berufen. Sie erhält als Grundvergütung monatlich 636.000 RM, dazu stets wechselnden Teuerungszuzahlungen. Da der Geldwert durch die Inflation von einem Tag zum anderen sinkt, werden im November und Dezember die Gehälter wöchentlich ausgezahlt. In einer Woche wurden zweimal Teuerungszulagen dazugeschlagen. Mitte Dezember erfolgte die Auszahlung zum Teil in Dollars und teilweise in Rentenmark (1 Billion Papiermark = 1 Rentenmark). Erst im Januar 1924 wurde das Gehalt in fester Währung (Rentenmark) ausgezahlt.

Großen Ärger und viel Arbeit bedeutete für Hauptlehrer Karg die Gemeindeschreiberei. Er berichtet:

Von den Bauern trieben viele einen schändlichen Nahrungsmittelwucher und wurden Kriegsgewinnler. Es gibt Bauern im Schulbezirk, die ein ganzes Jahr Familienunterstützung (monatl. 100 RM und mehr) erhielten und dabei aber doch das ganze Jahr in „Urlaub“ daheim waren und bei ihren Feldarbeiten Militärgewand und Militärschuhe abnützen. Reiche Bäuerinnen und ledige reiche Bauerstöchter erhielten bei Niederkunft Wochenhilfe und Stillgeld. Wollte ich meine zehn Kinder, sowohl die kleinen als auch die großen beim Militärdienst nicht verhungern lassen, musste ich schweigen bei allen schauderhaften Zuständen, musste der Gemeindeschreiberei lügen, grenzenlos lügen, besonders bei „Urlaubs“gesuchen und Hinterbliebenen“versorgung“.

Am 1. November 1925 wurde der Hauptlehrer Karg auf Ansuchen in den dauernden Ruhestand versetzt. Den Chordienst versah er noch bis zum 1. Januar 1926. Kurze Zeit darauf übersiedelte er mit seiner Familie nach Wasserburg am Inn.

Die Schulleitung wurde vorübergehend Herrn Lehrer Hierstetter übertragen.

Am 16. Dezember 1925, wird Herr Edmund Kohn, Lehrer in Marienstein, Bezirksamt Miesbach, unter Übertragung der Schulleitung an die Schule Kircheiselfing versetzt. Am 1. Januar 1926 wird er zum Hauptlehrer, befördert.

Die Schule wurde bis zum Schuljahr 1939/40 dreiklassig geführt, wobei Herr Hauptlehrer Kohn jeweils die starke Oberklasse unterrichtete, in der 5., 6. und 7. Schülerjahrgänge zusammengefasst waren. Die Unterklasse umfasste die Schülerjahrgänge 1. und 2. und wurde von verschiedenen Lehrkräften betreut, ebenso die Mittelklasse, die von den Schülerjahrgängen 3. und 4. gebildet wurden.

Die Schülerzahlen waren auch schon in den Friedensjahren vom Schuljahr 1926/27 bis zum Schuljahr 1938/39 sehr hoch. In der Unterklasse betrugen sie im Durchschnitt 51, in der Mittelklasse 44 und in der Oberklasse 61 Schüler. Ab Schuljahr 1939/40 erhielt die Schule vorübergehend 4 Klassen, da ein 8. Schülerjahrgang eingeführt wurde. Aber bereits im Schuljahr 1940/41 wurde die Schule wieder 3-klassig, da Lehrer Schmuck zur Wehrmacht eingezogen wurde. Der 8. Schülerjahrgang ging in „Urlaub“. Während der Osterferien 1939 wurde ein neuer Schulsaal erstellt und vom Schulleiter (6., 7. und 8. Schjg...) bezogen.

Im Schuljahr 1941/42 gab es folgende Schülerzahlen: Unterklasse 57, Mittelklasse 78 und Oberklasse 64. Dazu kamen noch 15 beurlaubte Kinder des 8. Schjg. Das ergibt mit den beurlaubten Schülern 214. In diesen Schülerzahlen sind 23 Schülerinnen und Schüler enthalten, die hier gastweise verweilte (erweiterte Kinderlandverschickung). Während im Schuljahr 1942/43 noch eine normale Schülerzahlentwicklung festzustellen ist (Unterkl. 68, Mittelkl. 63 und Oberkl. 66 Schüler – mit beurlaubtem 8. Schjg. 83 gibt insg. 214 Schüler), kann man ab Schuljahr 1943/44 nur mehr von einer abnormen Steigerung sprechen. Diese wurde durch die feindlichen Luftangriffe auf deutsche Städte verursacht. Die Kinder ausgebombter Familien wurden auf die von Bomben verschonten Gegenden, z. B. auf die ländlichen Gebiete von Oberbayern, aufgeteilt. Am 1. September 1943 besuchten daher unsere Schule 56 Kinder aus Recklinghausen und 14 aus München. Es ergaben sich insgesamt folgende Schülerzahlen:

Unterklasse = 100 (Wechselunterricht) Mittelklasse = 125 (Wechselunterricht) Oberklasse = 89 (Normalunterricht)

ganze Schule = 314 Schüler

3 Lehrkräfte mussten den ganzen Unterricht bewältigen:

Edmund Kohn, Oberlehrer Franziska Heigl, Lehrerin Anna Hirschmann, Schulhelferin

Wechsel- oder Schichtunterricht bedeutet, dass eine Klasse in 2 Hälften aufgeteilt wird, wovon die Hälfte vormittags, der andere Teil nachmittags von der gleichen Lehrkraft unterrichtet wird. Eine Vorbereitungszeit für den Unterricht war nicht vorgesehen.

Nach heutigen Maßstäben bleiben auch die aufgeteilten Klassen noch Mammutsklassen. Was diese Lehrkräfte geleistet haben, bedarf großer Bewunderung.

Das Schuljahr 1944/45 aber waren wieder 4 Lehrkräfte in Kricheiselfing. Neben Edmund Kohn und Franziska Heigl erteilten noch Erna Grünschneder und Margarete Forstner Unterricht. Am 11. Dezember 1944 wurden 17 Knaben und 4 Mädchen des 8. Schjg. Vorzeitig aus der Volksschule entlassen.


Höhepunkte während der Dienstzeit des Hauptlehrers Edmund Kohn.

Ein Ereignis, an dem auch die Schule lebhaften Anteil nahm, war das 1000-jährige Jubiläum unseres Gotteshauses St. Reupertus in Eiselfing. Die große Vergangenheit unserer Heimat ist so recht verkörpert, hat gleichsam ein weithin sichtbares Denkmal in unserer schönen, nun seit 1926 wieder renovierten Pfarrkirche. Ein Triduum wurde zur Erinnerung an das 1000-jährige Bestehen der Eiselfinger Glaubensstätte am 30. und 31. Oktober und am 1. November 1927 festlich begangen.

Anlässlich der Primiz unseres Heimatpriesters, des späteren Chefredakteurs der Münchner Kirchenzeitung, H. H. Lorenz Freiberger, Erpertsham, wurde in der Zeit vom 16. bis 30. Juni 1928 das Schulhaus nach Angaben des Kunstmalers Herrn Joh. Mich. Schmitt aus München renoviert. An der Straßenseite des Schulhauses wurden zwei Fresken angebracht, „Jesus, der göttliche Kinderfreund“ und das bayrische Wappen. Ausgeführt wurden dieselben von dem oben genannten Kunstmaler Herrn Joh. Mich. Schmitt, der 1926 auch die Renovierung unserer Pfarrkirche vorgenommen hatte.

Die Verlassung zu diesem Schmuck gab der damalige Bürgermeister Herr Georg Maier, Schneidermeister in Eiselfing. Die Arbeiten konnten gerade noch bis zur Primiz am 1. Juli 1928 fertig gestellt werden.




Foto 2




Schulhaus nach der Renovierung 1928


Am Sonntag, dem 21. Dezember 1930 veranstaltete die Schul- und Pfarrgemeinde zu Ehren des Hauptlehrers Edmund Kohn anlässlich seines 25-jährigen Dienstjubiläums eine Familienfeier, die einen sehr schönen Verlauf nahm.

Hauptlehrer Edmund Kohn ist geboren am 24. Juni 1886 zu Traunstein. Er besuchte die Präparandenschule in Landsberg am Lech und absolvierte das Lehrerseminar Freising im Jahre 1905. Er war als Hilfslehrer tätig in Bruckberg, Bez.-Amt Freising, in Kirchdorf bei Haag und in Partenkirchen. Dort wurde er im Jahre 1909 um Schulverweser befördert und im Jahre 1910 nach Seeshaupt am Starnberger See versetzt. Am 16. November des Jahres 1911 wurde er als Lehrer an die neu errichtete Schule Marienstein, Gemeinde Waakirchen, Bez.-Amt Miesbach, berufen, wo er zu seiner Versetzung nach Kircheiselfing am 16. Dezember 1925 verblieb. Belegung von Schulsälen 1945

Am 13. April 1945 treffen 40 Frauen mit Kindern (Flüchtlinge) aus Wien ein. Sie werden im Schulzimmer im ersten Stock links untergebracht. Strohsäcke, Bettstellen und Decken werden auf raschestem Weg herangeschafft, ebenso Stroh. Die meisten dieser Frauen befinden sich in gesegneten Umständen. Schon in kurzer Zeit gelingt es dem Bürgermeister durch das bereitwillige Entgegenkommen der Bevölkerung, diese Frauen in Privatquartieren unterzubringen.

Am 20. April 1945 trifft noch abends ein neuer Flüchtlingstransport aus der Slowakei ein. Diese armen Menschen werden im Schulhaus im gleichen Saal wie die früheren Flüchtlinge untergebracht, ferner K.L.V.-Lager*) beim Sanftl und im Nebenzimmer beim Höhensteiger. Ihre Heimat ist ein Ort am Fuße der „Hohen Tatra“. Es ist ein K.L.V.-Lager, bestehend aus Knaben und Mädchen und einem Lehrer mit seiner Familie.

Am 27. April 1945 trifft eine Sanitätskompanie ein und beschlagnahmt die 3 übrigen Schulsäle für Quartiere. Die Schule wird geschlossen. Schon am nächsten Tag wird diese Kompanie plötzlich durch Alarm abgerufen, weiter nach Süden (Aschau). Alles befindet sich auf dem Rückzug. Die Amerikaner kommen immer näher. Von jetzt ab ist ein ständiges Kommen und Gehen. Das Schulhaus ist immer mit Truppen belegt, im Schulgarten stehen Fahrzeuge aller Art, Pferde usw. Tag und Nacht ist keine Ruhe! Die Soldaten lassen alles Entbehrliche zurück. Da liegen Kleidungsstücke, Wäsche, Werkzeuge, Fahrzeuge, Waffen, Ausrüstungsgegenstände usw. überall herum. Alles befindet sich in Auflösung! Im Wohnzimmer meiner Dienstwohnung wurde rasch noch eine Schreibstube eingerichtet. Hier wurde eine Kompanie Landesschützen aus dem Heere entlassen. Die Soldaten suchten Zivilkleider zum Fußmarsch in die Heimat (Pfalz, Saarland, Hessen usw.)

Vom 11. Juni mit 23. Juli 1945 waren durchziehende amerikanische Truppen im Schulhaus und beim Sanftl einquartiert, im Schulhaus 105 Mann und beim Sanftl 60 Mann. Das ganze Schulhaus musste innerhalb von 2 Stunden geräumt werden. Von da an ruhte der Unterricht bis September 1945.

Ende des Krieges

Am 3. September 1945 wurde Herr Hauptlehrer Kohn, am 5. September 1945 Lehrerin Heigl wegen Parteizugehörigkeit vom Dienst enthoben (siehe Urkunde auf nächster Seite).

  • ) K.L.V.-Lager ist vermutlich „Kinder-Landverschickungslager“
                 Manuel Egger