Ein Ausflug in die Nachbarschaft: Die Schulen in Stephanskirchen und Kirchensur
Inhaltsverzeichnis
Geschichtlicher Abriss der Schulen in Stephanskirchen und Kirchensur
zusammengestellt von M. Schmid, Exp. Kirchensur, den 16. Aug. 1911
abgeschrieben vom Original von Johann Urban, Lehrer und später Konrektor in Eiselfing. Kirchensur, den 17. Mai 1958
Die Anfänge
Einem Wirte wird man Anzeige am Kgl. Landgericht gedroht, wenn er noch einmal an Schüler Branntwein verteile (1842). Dienstherren wurden durch den Bürgermeister auf¬gefordert, an Lichtmess anzuzeigen, ob schulpflichtige Kinder bei ihnen in Dienstgetreten. (Frühzeitige Entlassung aus der Feiertagsschule scheint nicht gewährt worden zu sein. 1949 wird ein derartiges Gesuch abgewiesen, weil das betreffende Mädchen noch nicht 17 Jahre alt was.) Auch seit Verlegung des Schulsitzes nach Kirchensur war der Schulbesuch ein guter. Schuldbare Versäumnisse kamen in den letzten Jahren sehr selten vor und kam auch sonst über ungeeignetes benehmen der Kinder in und außer der Schule über ungeeignetes Benehmen der Kinder in und außer der Schule nicht geklagt werden. (Von anderer Hand: cum grano salis.) Was die Lehrmethode betrifft, schreibt Expositus und Lokalschuleinspektor Andrä Hafner in der Nachweisung von 1842: Lehrgang: synthetisch. Lehrform Anschauung, Heuristik, Katechetik. 1843 heißt es: Lehrmethode vorzugsweise sokratisch. 1852: synthetisch. 1856: Lautiermethode. Jetzt wird wohl hauptsächlich die Herbart-Ziller-Methode angewendet. In einer Statistik der Schule Stephanskirchen, wohl aus den vierziger Jahren (Anmerkung: 1840 und folgende), schreibt Lehrer Baierbacher: Der Lehrplan von 1806 wird genau eingehalten. Die Kinder der höheren Klasse besuchen die Schule vormittags von 8 - 11 Uhr, die der niederen von 12 – 3 Uhr. In der Nachweisung von 1842 heißt es, Lehrpläne und Stundenordnung würden zu An¬fang des Schuljahres entworfen und genau darnach geachtet. Es treffen demnach wöchentlich für Religion 4, für Sprachen 15, für Rechnen 11 Unterrichtsstunden für die 3 Kurse. (von anderer Hand: zusammen. Die Sommerschule dauert von Ostern bis Jakobi, 15.07., die Winterschule von September bis Ostern. Ferien 4 – 5 Wochen, 6 – 8 Tage zu Ostern. Aufnahme an Ostern, Entlassung nach Prüfung (Juni.)
Als Lehr- und Lernmittel, die für ärmere Kinder vom Ertrage aus den Taxen für Schulzeugnisse angeschafft wurden (1841), werden 1841 aufgeführt: Kleiner und größerer Katechismus, erstes Lesebüchlein, Gottbüchlein, Haus Erzählungen I. u. II., Bibl. Geschichte, Evangelien, Schultafeln, Schiefertafeln, Schreibhefte. Was die Schulgeräte betrifft, ist wohl anzunehmen, dass die „Centralschule" Stephanskirchen von Anfang an (1816) damit gut versehen war. Ein Inventar aus späteren Zeit (vielleicht 1840.?.) enthält folgende Gegenstände:
1 geschnitztes Cruzifix, 2 Bildnisse I. I. M.M. des Königs und der Königin unter Glas und Rahmen, 14 Tafeln, Beschreibung und Abbildung der Giftpflanzen, 1 Landkarte von Bayern, 1 Generalkarte der Bayer. Regenten- und Volks-Geschichte von Dr. Wolf, 1 Lehrstuhl mit Odium und Sitz, 13 Schulbänke und 2 Vorder- und Hinterbänke, 389 Tintengefäße, 3 hölzerne schwarze Schultafeln mit Gestell 1 Setztafel, 1 Alphabet zum ersten Leseunterreicht, 1 Requisitenkasten, 1 Exemplar Bibl. Geschichte 1 Bd. u. ditto 2. Bd., 1 Evangelienbuch, 1 Exemplar Professor Dr. Ruges Chemie. Ein späteres „Inventarium" verzeichnet außer obigen Gegenständen folgende Ergänzungen: Die Bildnisse I. M. des Königs Ludwig u. d. Königin Therese, große Landkarte von Bayern, eine Handzeichnung, 1 Lesebüchlein nach der Ordnung des kleinen Katechismus, 1 Tafel Schulgesetze (im Rahmen u. Glas), 2 Ex. Pflichten gegen die Tiere vom Verein gegen Tierquälerei, 2 Die ungleichen Knaben, 1Aufgben zur Selbstbeschäftigung der Schüler von Lehrer Heissler, 1 Handbüchlein zum Lesenlernen, verschiedene Schriften von demselben, 1 Wanderkarte von Europa v. Walch in Augsburg, Wandkarte v. Deutschland v. demselben, „Die Wunder des Himmels" von Dr. Th. Diek.
Von späterer Hand sind nachgetragen:
Anleitung zum Futterbau von Dr. Veit, 1 Kobells Gedichte, ein Geschenk Sr. M. des Kö¬nigs Maximilian II. Zwölf Bilder aus dem Leben bayer. Fürsten, Kurze Anweisung, wie taubstumme Kinder zu Hause und in der Schule vorbereitend können unterrichtet werden v. Jos. A. Weiss. Sturs 100 fromme Lieder nebst einem Melodienheft.
Diese Schulgräte und Lehrmittel sind aus dem gegenwärtigen Schulinventarium verschwunden und durch andere ersetzt. Bei der Verlegung des Schulsitzes von Stephanskirchen nach Kirchensur wurden einige Requisiten (Bänke, Tafeln, Karten, Bilder) transferiert, andere neu beschafft. Einiges bekam auch Evenhausen.
Die Schulaufsicht an der Centralschule Stephanskirchen wurde dem Expositus von Durhausen als Ortsgeistlichem übertragen. Die jeweiligen Expositi scheinen die Lokal Schulaufsicht sehr eifrig ausgeübt zu haben, namentlich Joh. Linner und Andrä Hafner, weniger J. Osterhammer, der dieselbe bald verloren hätten. Die Pfarrer von Evenhausen übten anfangs nur eine beschränkte Mitaufsicht. (Fußnote: Seit der Trennung von Evenhausen ist die Lokalschulinspektion über die Schule Stephanskirchen, resp. Kirchensur mit Zustimmung des Pfarrers von Schnaitsee dem jeweiligen Expositus in widerruflicher Weise übertragen worden. 2. Fußnote: Ab 1. Juli 1841 hatte Coadj. Weber von Evenhausen den Religionsunterricht an der Nachmittagsschule übernommen.)
über die Verhältnisse der im so genannten Halbschulbetriebe
(hier nur im Sommer) geführten Volksschule in Kirchensur, Ber.-Amt Wasserburg a. I.
Zahl der Lehrkräfte: 1 Zahl der Schulzimmer. 1 Bodenfläche es Schulzimmers: 9,4mal 6,25 ist 58,75 qm Rauminhalt desselben: 9,4 mal 6,25 mal 3,3 ist 193, 875 cbm Zahl der werktagsschulpflichtigen Kinder zu Beginn des Schuljahres 1912/13: zusam¬men 64, u. zw. in der I. Abteilung /1., 2., 3. Schj./ 30, i. d. II. A. /4., 5., 6., 7., Schg./ 34. Gründe die auf anhaltende Mehrung oder Minderung der Schuldinder schließen lassen. liegen nicht vor. Der Halbschulbetrieb in der Sommerschule wurde eingeführt etwa 1895. Ein amtlicher Ausweis hierüber liegt nicht vor. Der Halbschulbetrieb ist in der Weise geregelt, dass in der Sommerschule zwei Abteilungen gebildet werden und die eine Abteilung, nämlich 4., 5., 6. u. 7. Schuljahr. von 8 bis 10 Uhr, die andere Abteilung, nämlich 1., 2., 3. Schuljahr von 10 bis 12 Uhr Unterricht empfängt.
Der Donnerstag ist schulfrei.
Die Winterschule, von 1. Okt. bis 30. April, ist eine Ganzschule, d. h., alle Kinder vom 1. bis 7. Schuljahr empfangen 26 Stunden Unterricht.
Das jetzige Schulhaus in Kirchensur wurde 1876 von der Schulsprengelgemeinde er¬baut. Die Kosten, 18 500 M, (16 050 m in Geld, 2 450M in natura, dazu Bauplatz 240 M), trug die Schulgemeinde, die auch Eigentümerin des Schulhauses ist und die Bau¬pflicht hat. (12 000 M; wurden Schulden gemacht u. dieselben in jährl. Raten von an¬fangs 1 000, dann 500 M getilgt. Eintausend Mark erhielt die Gemeinde Kreizuschuss.)
Fundation und Dotierungen
An Schulfundationsvermögen sind vorhanden 400 M, deren Zinsen der jeweilige Lehrer bezieht. Die Entstehung dieses Fonds dürfte folgende sein: Franz Sales Linner, Expositus in Durhausen 1785-1813, vermachte 150 fl für die Schule.
In der Statistik aus den vierziger Jahren heißt es: Aus Vermächtnis des Frz. S. Linner nah Beendigung des Prozesses gegen Pfarrer Eisenhofer von Schnaitsee erhält die Schule ein Kapital von 15l fl. 25 ½ kr. zur Verwendung des Schulgeldes für arme Kinder von den fallenden Zinsen. („350 fl. gingen bei Herrn Pfarrer Eisenhofer zu Schnaitsee verloren" Bemerkung in mehreren Nachweisungen 1843, 1844 …) 150 fl wurden an¬gelegt (1835) und die Zinsen dem Lehrer überlassen.
Im Jahre 1842/43 vermachte Herr Pfarrer Huss von Evenhausen zur Schule ein Legat con 25 fl. (angelegt in der Sparkasse Wasserburg). Im Jahre 1855 betrug der Schulfond 300 fl. 125 fl. Mehrung, deren Herkunft unbekannt.
Bei der Trennung Evenhausens von Stephanskirchen wurde der Schulfond zerteilt, so dass für Stephanskirchen 150 fl. verblieben. Dieser Fond wuchs bis 1875 (aus Interkalaren) an auf 385 M 72 Pf. Und seit)Errichtung der Schule Kirchensur beträt der Schulfond 400M.
Schulstiftungen und Schulgründe sind nicht vorhanden. Der Mesnerdienst von Kirchensur war seit Errichtung der Schule in Stephanskirchen nie mit dem Schuldienst vereinigt und ist auch jetzt vom Schuldienst Kir¬chensur getrennt.
Der Mesnerdienst in Stephanskirchen war mit dem Schuldienst vereinigt bis zur Verlegung des Schulsitzes nach Kirchensur, seither ist derselbe getrennt.
Der Chordienst, sowohl von Stephanskirchen als auch von Kirchensur, war stets mit dem Schuldienst vereinigt bis heute.
Das Lehrereinkommen ist 1862 angegeben mit 200 f., 1852 mit 183 fl. 27 kr., 1862 170 fl. 23 kr.
Nach der Trennung von Evenhausen betrug das Lehrereinkommen (Verweser) zufolge der superevidierten Fassion von 1866 164 fl. 10 kr. bis 250 fl. von der Gemeinde kon¬gruiert. Ab 1. Jan. 1874 war der Posten definitiv du das Einkommen 400 fl.
1876: 771 M 50 Pf. Geimeindeschreiberei 80 M
1878: 880 M „" 80 M
1888: 880 M „" 84 M, 24 M als Standesamtsschreiber
1904: 1 200 M „" 120 M
(dazu Erträgnisse des Organistendienstes, gegenwärtig mit 120 M 84 Pf in die Fassion eingetragen). In der Statistik von 1840 angegeben: Jährl. Eigenbedarf der Schule
a) für Real-Existenz 36 fl.
b) für Personal-Existenz 216 fl. 44 kr.
Jährl. Einnahmen der Schulkasse 224 fl. 44 kr. Jährl. Defizit 28 fl. 30 kr.
Im Jahr 1867 sind als Erträgnisse es Mesner- und Organistendienstes Stephanskirchen 11 fl. 31 kr., als solche des Organistendienstes Kirchensur 13 fl. 30 kr. angegeben. Dazu kamen:
Läutkorn 4 fl. 3 kr.,
Ertrag der Schulwiese (ca. 80 Dez.) 1 fl. 12 kr.,
Hausgarten 34 kr.,
Gottesackergras 30 kr.
1840/ 41 ist ausgeschieden: Einkommen des Lehrers aus dem eigentlichen Schuldienste 186 fl. 52 kr., als Kirchendiener27 fl. 28 kr. als Kantor 2 fl. 24 kr., zus. 216 fl. 37 kr. Davon dürften seit 1836 für Haltung einer Magd 36 fl. in Abrechnung gebracht werden, so dass reines Einkommen verbleibt 180 fl. 37 kr. (von ? auf 200 fl ergänzt)
1865 wird nach 10j. Durchschnittsberechnung angegeben:
Als Organist und Kantor (in Stck. u. Ks.)18 fl. 14 ½ kr.
als Mesner v. Stephanskirchen 22 fl. 18 ½ kr.
(zusammen) 40 fl. 33 kr.
Grundstücke nützt der Lehrer gegenwärtig nicht. Zur Schule gehört nur ein mäßig großer Obst- und Gemüsegarten, als dessen Eigentümerin die politische Gemeinde Kirchensur in den Grundstückskataster eingetragen ist.
In den Fassionen der Schule Stephanskirchen kommt (1840/41) ein Acker- und Wiesengrund vor, dessen Erträgnis auf 2 fl. angeschlagen ist.
1862 u. 1865 findet sich eine Wiese von 80 Dez. eingetragen (im Kapitel: Erträgnis des eigentl. Schuldienstes). Diese „Schulwiese" ist identisch mit dem jetzigen „Mesnerwiesel", dessen Nutznießung aber dem Mesner zukommt.
Das alte Schul- u. Mesnerhaus wurde vor etwa 12 Jahren von Jos. Paarfuß um 700 M erstanden. Die Zinsen dieses Kapitals genießt der Mesner als Wohnungsentschädigung.